Verhaltensauffälligkeiten und Verhaltensstörungen bei Hunden und Katzen sind wichtige Begriffe in der Tierverhaltensmedizin – sie unterscheiden sich in Schwere, Ursache und Handlungsbedarf. Im Folgenden finden Sie eine sachlich korrekte und allgemein verständliche Erklärung, wann Verhalten als auffällig oder gestört gilt, und wann eine gezielte Intervention notwendig ist.

Was sind Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden und Katzen?

Verhaltensauffälligkeiten sind abweichende Verhaltensweisen, die zwar außerhalb des „normalen“ Tierverhaltens liegen, aber nicht zwangsläufig krankhaft sind. Sie können durch bestimmte Situationen oder durch Umwelteinflüsse ausgelöst werden.

Wann ist etwas auffällig?

  • das Verhalten tritt häufig, intensiv oder kontextunabhängig auf
  • das Tier oder die Bezugspersonen leiden darunter
  • das Verhalten tritt neu auf oder ist nicht mehr steuerbar

Beispiel: Ein Hund bellt gelegentlich, wenn es klingelt – normal.
Ein Hund bellt ständig, ohne Pause, und kann nicht beruhigt werden – auffällig.

Welche Anzeichen deuten auf Verhaltensprobleme hin?
  • übermäßiges Bellen bei Hunden
  • Aggression
  • plötzliches Markieren in der Wohnung
  • übermäßiges Kratzen oder Putzen ohne körperlichen Befund
  • Meideverhalten oder Unsicherheit bei neuen Reizen
  • gesteigerte Wachsamkeit oder Nervosität
  • Rückzug nach einem Umzug oder Familienwechsel
Wie können Verhaltensprobleme diagnostiziert werden?

Eine gründliche Analyse durch einen Tierarzt oder Verhaltensspezialisten ist essenziell.

Welche Rolle spielen Tierhalter bei der Therapie?

Tierhalter sollten aktiv mitwirken und die empfohlenen Maßnahmen umsetzen.

Gibt es präventive Maßnahmen gegen Verhaltensprobleme?

Ja, z. B. durch frühe Sozialisierung und regelmäßige Beschäftigung.

Was sind Verhaltensstörungen bei Hunden und Katzen?

Verhaltensstörungen sind abweichende, unangebrachte oder übersteigerte Verhaltensweisen, die entweder für das Tier selbst oder für seine Umwelt problematisch sind. Sie unterscheiden sich vom normalen oder angepassten Verhalten und treten häufig anhaltend oder wiederholt auf. Oft sind sie Ausdruck von emotionalem Stress, fehlgeleiteter Sozialisation, unangemessener Haltung, medizinischen Ursachen oder einer gestörten Mensch-Tier-Beziehung.

Allgemeine Definition:

Verhaltensstörungen sind pathologische Abweichungen vom normalen artspezifischen Verhalten, die:

  • ohne erkennbaren Auslöser
  • in unangemessenem Kontext
  • mit übermäßiger Intensität
  • oder wiederholt zwanghaft auftreten.

Typische Verhaltensstörungen bei Hunden:

KategorieBeispiele
AggressionsverhaltenUnprovoziertes Beißen, Knurren, Ressourcenverteidigung
AngstverhaltenGeneralisierte Angst, Geräuschphobien (z. B. Silvester), Trennungsangst
ZwangsverhaltenSchwanzjagen, exzessives Lecken, stereotype Bewegungen
HyperaktivitätUnruhe, Dauerbellen, reduzierte Frustrationstoleranz
UnsauberkeitHarn- und Kotabsatz im Haus, ohne medizinischen Grund
SozialisationsdefiziteAngst vor Menschen/Tieren, Unsicherheit, Überreaktionen

Typische Verhaltensstörungen bei Katzen:

KategorieBeispiele
UnsauberkeitHarnmarkieren außerhalb der Katzentoilette, v. a. bei Stress oder Revierproblemen
AggressionGegen Menschen (z. B. Umleitung), andere Katzen (Territorialaggression)
ZwangsverhaltenFellrupfen (Psychogene Alopezie), exzessives Putzen, Flankensaugen
AngststörungenRückzug, Meideverhalten, Panikreaktionen (z. B. bei Veränderungen im Haushalt)
Nachtschreck/AktivitätNächtliches Miauen, Herumlaufen, Jagdverhalten zur falschen Zeit

Ursachen und Lösungen für Verhaltensprobleme

Ursachensuche

Diagnose

Lernen Sie Diagnosemethoden für Verhaltensauffälligkeiten kennen.

Therapien

Erfahren Sie mehr über individuelle Behandlungsansätze.

Prävention

Tipps, um Verhaltensstörungen von Anfang an zu vermeiden.

Ursachen von Verhaltensstörungen:

  • Unzureichende Sozialisierung (v. a. in den ersten Lebenswochen)
  • Chronischer Stress (Lärm, Alleinsein, Konkurrenz)
  • Langeweile / Unterforderung
  • Traumatische Erlebnisse
  • Fehlende Rückzugsmöglichkeiten (v. a. bei Katzen)
  • Inkonsequente Erziehung oder falsche Konditionierung
  • Schmerzzustände oder organische Erkrankungen (z. B. neurologisch, endokrin)

Diagnostik und Therapie bei Verhaltensstörungen:

Eine tiermedizinische Abklärung ist dringend zu empfehlen, um organische Ursachen auszuschließen. Erst dann ist eine gezielte Behandlung möglich. Die Behandlung erfolgt oft multimodal, d. h. sie setzt sich häufig aus verschiedenen Bausteinen zusammen:

  • Verhaltenstherapie / Verhaltenstraining
  • Umweltanpassung / Management
  • Medikamentöse Unterstützung (z. B. Psychopharmaka, Pheromone)
  • Training mit positiver Verstärkung
  • In schweren Fällen ist eine Zusammenarbeit mit einem Tierarzt/ einer Tierärztin für Verhaltenstherapie (Verhaltenstierarzt, Zusatzbezeichnung Verhalten)

Mehr zu therapeutischen Möglichkeiten





















Verhaltenstherapie/Verhaltenstraining

sind Maßnahmen zur Behandlung unerwünschter, unangepasster oder pathologischer Verhaltensweisen. Sie dienen sowohl der Verbesserung der Lebensqualität des Tieres als auch dem Schutz des Mensch-Tier-Verhältnisses.

Umweltanpassung

dient dazu, belastende Reize zu minimieren, Sicherheit und Vorhersehbarkeit zu schaffen sowie Rahmenbedingungen für erwünschtes Verhalten zu optimieren. Die Anpassung der Umwelt wirkt verhaltensstabilisierend und stressreduzierend. Sie ist häufig die Voraussetzung dafür, dass ein Training oder medikamentöse Maßnahmen überhaupt greifen können.

Medikamentöse Unterstützung

wird vorrangig in der Behandlung von emotional bedingten oder pathologischen Verhaltensstörungen eingesetzt. Insbesondere dann, wenn das Tier unter erheblichem Leidensdruck steht, die Lernfähigkeit durch starke Angst oder Stress blockiert ist, nicht-medikamentöse Maßnahmen alleine keine ausreichende Wirkung zeigen oder ein akuter Krisenzustand (z. B. Selbstverletzung, massives aggressives Verhalten) vorliegen.

Training mit positiver Verstärkung

basiert auf den Prinzipien der positiven Konditionierung, bei der erwünschtes Verhalten durch Belohnung gefestigt wird, ohne den Einsatz unangenehmer Mittel (Strafen). In der modernen Verhaltenstherapie stellt sie die ethisch vertretbare, tierschutzgerechte und wirksamste Trainingsform dar.

Tierärztliche Unterstützung für Verhaltenstherapie ist zu empfehlen

Ein Fachtierarzt für Verhaltenstherapie hat eine Zusatzausbildung zur Diagnostik, Therapie und Prävention von Verhaltensstörungen bei Tieren erworben.